Fynns Weg
Fortschritte, Herausforderungen und eine liebevolle Familie
Fynn ist 10 Jahre alt und hat die Diagnose Cerebralparese. Er erhält im Kindertherapiezentrum der Reha Rheinfelden Physiotherapie, Ergotherapie und Hippotherapie. Zusätzlich hat er Logopädie in der HPS (Heilpädagogischen Schule), wo er die 4. Klasse besucht. Fynns Mutter Martina Hofer erzählt aus dem Familienleben und über die Fortschritte, die sie bei Fynn trotz schwieriger Ausgangslage immer wieder beobachtet.
Reha: Wussten Sie schon vor der Geburt, dass Fynn in seiner Entwicklung eingeschränkt sein wird?
Martina Hofer: Cerebralparese? Das hatte ich vor Fynns Geburt noch nie gehört. Die ersten Untersuchungswerte in der Schwangerschaft waren nicht so gut, danach wurde jedoch nichts mehr festgestellt. Nach der Geburt war Fynn ganz normal, schlief jedoch viel und wuchs sehr schnell. Seine motorische und geistige Entwicklung hielt irgendwie nicht mit. Mit zwei Monaten kam er für die Physiotherapie und Frühförderung dreimal wöchentlich nach Rheinfelden. Mit vier Jahren hatte er bereits Hippotherapie, die ihm von Anfang an Spass gemacht hat. Er hat sich immer auf die Therapien gefreut – und das ist immer noch so.
Seit er sechs ist, wird Fynn nun in der Reha Rheinfelden therapiert. Sein Bruder Lian (7) und seine Schwester Jana (12) waren nicht immer begeistert, wenn es in die Therapie ging. Als die beiden bei den Therapien mitmachen durften, hat es ihnen dann doch Spass gemacht.
Reha: Wie war das, als Sie Fynns Diagnose erfahren haben?
Martina Hofer: Ganz ehrlich? Es war ein Schock! Und doch haben wir schnell gedacht, dass es auch schlimmer hätte kommen können. Das ist uns immer noch sehr bewusst und wir sind sehr dankbar, Fynn zu haben. Morgens beim Aufwecken lacht er uns immer an – was kann es Schöneres geben?
Manchmal nervt mich Fynn auch – aber hergeben würde ich ihn nie.
Jana, Fynns Schwester
Fynn taucht während des Interviews immer wieder auf, zeigt Bilder auf seinem iPad, erzählt kurz etwas oder stellt neugierige Fragen – und dann ist er schon wieder weg. Er ist sehr sprunghaft. Es fällt ihm sehr schwer, sich auf etwas zu konzentrieren oder länger bei einer Sache zu bleiben, unter anderem, weil er alle Reize aus seiner Umgebung aufnimmt. Lesen kann er nicht, schaut sich aber gerne Bilder in Zeitungen an.
Reha: Wie funktioniert die Kommunikation mit Fynn?
Martina Hofer: Fynn nutzt unterstützte Kommunikation am Tablet – unter anderem einen Kalender mit Bildern. Da zeigt er gerne, was er in der Schule, zu Hause, in der Therapie gemacht hat. Das ermöglicht ei-nen sehr guten Informationsfluss zwischen Schule, Therapie und zu Hause. Denn Fynn kann uns nicht immer erklären, was er gemacht hat.
Die Natur und das Draussensein sind wichtig für die Familie Hofer, auch durch das Hobby von Fynns Vater Simon Hofer. Er hat 150 Schafe, darunter mehrere Rassensieger, die an verschiedenen Orten in der Umgebung weiden. Ihre Versorgung dauert täglich etwa eine Stunde, wobei immer alle Kinder mithelfen. Fynn ist dabei nicht so produktiv – erzählt Fynns Mutter mit einem Augenzwinkern – und Jana und Lian müssen einsehen, dass er eben nicht immer so gut helfen kann. Er hat jedoch, wie seine Geschwister auch, eine besondere Beziehung zu Tieren und kann gut mit ihnen umgehen.
Es ist nicht immer einfach, allen dreien gerecht zu werden.
Martina Hofer
Reha: Wie gehen Sie als Eltern mit der Krankheit um?
Martina Hofer: Man darf nicht überfürsorglich sein, sondern muss Vertrauen haben. Auch nach drei Gehirnerschütterungen und einem gebrochenen Arm hat Fynn manchmal immer noch Pech. Er ist motorisch eben etwas ungeschickter als normal entwickelte Kinder seines Alters.
Vor acht Jahren bekam Fynn plötzlich epileptische Anfälle. Das hat uns sehr belastet. Fynn bekam Medikamente, wurde gut eingestellt und es bestand die Chance, dass sich die Epilepsie zurückbildet, was sie tatsächlich getan hat. Seit zwei Jahren ist er medikamenten- und anfallsfrei.
Reha: Wo und wie tanken Sie als Mutter selbst Energie?
Martina Hofer: Ich treffe mich gerne mit Freundinnen, gehe laufen und bei lauter Musik tanke ich neue Energie. Als Familie machen wir gemeinsame Ausflüge in den Zoo oder Tierpark, Waldspaziergänge mit Grillen oder wir versorgen die Tiere. Das ist Qualitätszeit, die uns guttut. Die Natur gibt mir und uns Kraft.
Natürlich habe ich auch damit gehadert. Aber wir haben Fynn so angenommen, wie er ist, und machen das Beste daraus.
Martina Hofer
Sie selbst habe nie negative Erfahrungen mit Fynns Umfeld gemacht, so Martina Hofer. Wahrscheinlich, weil die Familie ihn so selbstverständlich und liebevoll angenommen hat. Fynn ist sehr offen, direkt und sagt auch mal, wenn ihn jemand nervt. Er ist sehr interessiert und fragt viel, was durchaus anstrengend sein kann. Er ist jedoch ein Sonnenschein und immer fröhlich.
Reha: Geht Fynn gerne in die Therapien?
Martina Hofer: Ja, er geht sehr gerne zur Therapie und fühlt sich gut danach. Oft erzählt er von Gina und Tiara, den beiden Therapiepferden. Bewegung, frische Luft und Natur sind für ihn sehr wichtig. An Regentagen lasten ihn Aktivitäten drinnen nicht richtig aus, er kann nicht fokussieren und springt von einem zum nächsten. Draussen zu sein erdet ihn und er ist freier – kann bei den Schafen sein, Velo fahren, schaukeln oder Trampolin springen.
Reha: Was wünschen Sie sich für die Zukunft von Fynn?
Martina Hofer: Dass Fynn gesund bleibt und er seinen Weg gehen kann. Die Zukunft ist noch unklar. Vielleicht ist die Stiftung MBF, ein privatrechtliches Sozialunternehmen für Menschen mit Unterstützungsbedarf, eine Option.
Reha Rheinfelden
Rehabilitationszentrum