«Helfen lassen – neugierig sein – immer weitermachen!»

Nach seinem Schlaganfall wollte Joey Zimmermann gleich weitermachen, dies ging jedoch nicht sofort.

Anfang des Jahres 2018 erfuhr ich, dass meine Mutter Krebs hat. Ich bin dann zu ihr gezogen und habe sie durch alle Behandlungen und Krankenhäuser begleitet, bis sie uns am 7. Juni endgültig verliess. Neun Tage später hatte ich beim Gipfeli-Holen einen Schlaganfall.

Ich war bis zu diesem Zeitpunkt von ernsthaften Erkrankungen verschont geblieben. Ich war durch regelmässiges Yoga körperlich fit und mein Beruf hält mich auch geistig ziemlich auf Trab. Gute Voraussetzungen für meinen Heilungsprozess, den ich aber erst bewältigen musste: Spitalaufenthalt, einen Monat stationäre Reha, gefolgt von drei Mal die Woche ambulante Therapien.

REHA: Was war / ist die grösste Herausforderung für Sie nach dem Schlaganfall?

Joey Zimmermann: Ich wollte nach dem Schlaganfall sofort weitermachen, aber mein Körper gab mir zu verstehen, dass da einiges noch nicht ging. Also brauchte ich Geduld und Ruhe. Ruhe habe ich mir zu wenig genommen, die Geduld habe ich mir angewöhnt. Ich war sehr motiviert und hatte das Glück auch Fortschritte zu machen. Mein Körper hat zum Beispiel schnell wieder physisch funktioniert. Mein Kopf und vor allem meine Sprache hatten da mehr Mühe. Und das als Schauspieler, dessen Instrument das Sprechen ist!

Wie hat sich Ihr Alltag verändert?

Ich habe bei manchem von vorne anfangen müssen. Also habe ich mein Umfeld geändert, bin umgezogen. Ich musste mir meines Umfeldes gewiss sein – und habe sehr schnell gewusst, wo meine Freunde sind.

Gibt es Positives, was aus der schwierigen Situation entstanden ist? Gestalten Sie Ihr Leben bewusst anders nach diesem Ereignis?

Ich gebe mir mehr Zeit. Ich muss mich nicht mehr mit anderen messen, denn ich weiss um meinen Zustand. Ich stehe zu mir und kann mein Defizit ansprechen.

Sie sind Schauspieler. Was ist da für Sie nun «anders»? Wie gehen Sie dort mit neuen Herausforderungen um?

Vorläufig backe ich kleinere Brötchen. Mache kleine Projekte, probiere mich aus. Bewerbe mich nicht für grosse Rollen. Aber je mehr ich aus den neuen Erfahrungen schöpfe, desto mehr fühle ich mich wieder bereit – aber geerdeter als vorher, also werde ich vielleicht besser sein als vor dem Schlaganfall…

Ihre Einschränkungen durch den Hirninfarkt sind hauptsächlich im mentalen und im sprachlichen Bereich. Wie wirkt sich das aus auf Ihren Beruf als Schauspieler?

Ich muss mehr üben, täglich Sprechübungen machen, laut lesen. Ich muss mich mehr konzentrieren, das bewirkt, dass ich schneller ermüde. Ich kann zum Beispiel noch keine Rollen spielen in Fremdsprachen. Obwohl ich in London geboren und im Tessin aufgewachsen bin, und beide Sprachen ganz gut beherrschte.

Sie kommen seit Juli 2018 regelmässig zu uns in die Therapien. Wie helfen diese Ihnen im Alltag?

Erstens hilft es den Alltag zu strukturieren. Drei Mal die Woche gehe ich in die Reha. Es motiviert mich für die restliche Zeit. Und ich kann meine Fortschritte mit Profis besprechen, die auch Defizite bemerken, die ich nicht mitbekomme.

Haben Sie «eine persönliche Weisheit» durch dieses Ereignis?

Optimierung ist nicht an der Normalität zu messen, sondern an dem, was man selber ist und bieten kann.

Gibt es noch etwas, was Sie mitteilen möchten oder was Ihnen besonders wichtig ist?

Helfen lassen – neugierig sein – immer weitermachen! Freunde pflegen, ohne die geht es nicht. Jeder kann dein Freund sein, entdecke ihn und überrasche dich und ihn!

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