Rheuma in der Reha Rheinfelden

PD Dr. med. Dr. rer. nat. Ulrich Gerth zu Fragen rund um Rheuma und dessen Behandlung.

Rheuma hat viele Gesichter und viele Namen. Die Gemeinsamkeit aller rheumatischen Erkrankungen jedoch sind oft Schmerzen. Das weltweit häufigste rheumatische Leiden ist die Arthrose. Von ihr sind weltweit 10 % bis 15 % der Bevölkerung betroffen. Auch wenn sich die Mehrheit der Erkrankten im Alter von 55 aufwärts befindet, so zeigen Studien, dass auch immer mehr jüngere Menschen an rheumatischen Erkrankungen leiden.

Unter der Leitung von PD Dr. med. Dr. rer. nat. Ulrich Gerth hat die Klinik den Aufbau eines Zentrums für entzündliche Rheumatologie initiiert und einen neuen Schwerpunkt geschaffen. Patienten werden sowohl stationär als auch ambulant betreut.

PD Dr. med. Dr. rer. nat. Ulrich Gerth hat für uns ein paar Fragen zu dem Thema beantwortet und gibt Einblick in die Krankheit.

Was ist Arthrose? Was muss man darüber wissen?

Arthrose kann man sich einfach gesprochen als Gelenkverschleiss vorstellen, bildlich gesprochen so wie eine rostige Fahrradkette ohne Öl. Prinzipiell kann jedes Gelenk betroffen sein, bei dem sich der Knorpel zurückgebildet hat. Dann reibt Knochen auf Knochen und es kommt zu den typischen Symptomen wie Anlaufschmerzen und Belastungsschmerzen, die sich im Ruhezustand zumindest zu Beginn nicht zeigen. Heutzutage kann man mit Therapien sowie mit Medikamenten den Verlauf und die Symptome der Arthrose günstig beeinflussen. In besonders schlimmen Fällen bleibt jedoch manchmal nur der Gang zum Operateur. Dann steht eine Versteifung oder ein Gelenkersatz zur Diskussion.

Sind es hauptsächlich ältere Menschen, die betroffen sind?

Ja, typisch ist ein Ansteigen der Häufigkeit mit dem Lebensalter. Darüber hinaus gibt es allerdings Risikofaktoren, die eine Erkrankung auch in jüngeren Jahren begünstigen können. Beispielsweise eine vermehrte körperliche Überlastung und neben genetischen Faktoren und Fehlstellungen (zum Beispiel können X- oder O-Beine Risikofaktor einer Kniearthrose sein) können auch Unfallfolgen zu Arthrose führen.

Wie viele Menschen sind es? Sprechen wir von einer Volkskrankheit?

Die Zahl der Patienten mit Arthrose nimmt immer weiter zu. Dies hat vor allem mit dem gestiegenen Lebensalter und Körpergewicht der Menschen zu tun. Bezogen auf die Kniearthrose ist in etwa jede 3. Frau bzw. jeder 4. Mann ab dem 65. Lebensjahr betroffen.

Gibt es Möglichkeiten Arthrose vorzubeugen?

Es gibt Möglichkeiten, zumindest die Wahrscheinlichkeit zu verringern, im Laufe des Lebens an Arthrose zu erkranken. Protektive Faktoren sind vor allem eine gesunde Ernährung, der Verzicht von Nikotin, ausreichend Sport ohne Überlastung und gesteigerte Unfallgefahr sowie gelenkschonendes Arbeiten und ein normales Körpergewicht. Dies sind Faktoren, die jeder selbst in der Hand haben kann.

Was ist gesunde Ernährung im Sinne der Prävention?

Neue Studien haben bewiesen, dass insbesondere Ernährung einen positiven Effekt auf den Verlauf rheumatischer Gelenkserkrankungen haben. Als positiv wirkt sich eine Ernährung mit viel Omega 3 Fettsäuren, β-Carotin, Olivenöl, Ballaststoffen und Kurkuma aus. Möglichst vermieden werden sollte rotes Fleisch, Rohrzucker sowie Rapsöl und Nikotin.

Gibt es einen ganzheitlichen Therapieansatz – welche Rolle spielen Sport und Bewegung? Und die Psyche?

Wie schon erwähnt, ist körperliche Aktivität neben medizinisch begleiteten Therapien – wie medizinische Trainingstherapie (MTT) und Physiotherapie – ein integraler Bestandteil sowohl der Prävention als auch der Therapie von Verschleisserkrankungen. Hierbei ist es wichtig, die Muskulatur zu stärken und damit die Gelenke zu stabilisieren und zu schonen. Studien konnten zeigen, dass man dadurch effektiv die Symptome lindert und den Verschleiss aufhält. Wichtig ist eine interdisziplinäre Therapie, die medikamentöse aber auch nicht medikamentöse Verfahren einschliesst und individuell auf die Symptome und Bedürfnisse eines Patienten zugeschnitten ist. Hierbei sollte der Patient über die Notwendigkeit, Vor- und Nachteile der Therapien gut aufgeklärt werden. Nur mit aufgeklärten und motivierten Patienten kann man gut zusammenarbeiten und Therapieerfolge erreichen.

Was ist wichtig für die Diagnose? Wie gehen Sie selbst bei einem Patienten mit Verdacht auf Arthrose vor?

Zunächst ist eine ausführliche Anamnese sowie körperliche Untersuchung die Basis der rheumatologischen Abklärung. Hier werden erste Befunde erhoben, die durch weitergehende Diagnostik (z.B. Labor oder Bildgebung wie Röntgen oder MRT) bedarfsweise ergänzt werden. Nach Vorlage aller Befunde kann die Diagnose bestätigt werden und zusammen mit dem Patienten ein Therapieplan erarbeitet und die Prognose abgeschätzt werden.

Und was gehört in der Reha zu einer Arthrose-Therapie?

In unserer Klinik bieten wir die komplette Abklärung aller rheumatologischer Erkrankungen an. Bei Bedarf können wir Experten anderer Fachdisziplinen, z. B. der Neurologie mit hinzuziehen. Uns steht ein breites interdisziplinäres stationäres und ambulantes Behandlungsteam zu Verfügung, das auch Infiltrationen und Infusionen abdeckt. Unter Infiltrationen versteht man Spritzen in ein Gelenk. Hierdurch kann man die Entzündung reduzieren und für mehrere Wochen eine deutliche Schmerzreduktion erreichen. Darüber hinaus hat bei chronischen Schmerzen bei einigen Patienten auch Akupunktur gute Erfolge gezeigt. Ebenfalls ist die Wassertherapie bei Patienten mit Arthrose neben der Physiotherapie und medizinischer Trainingstherapie ein wichtiger Bestandteil.

Gibt es Hilfe zur Selbsthilfe?

Wichtig ist, die Diagnostik und Therapie im partnerschaftlichen Verhältnis mit einem Arzt zu besprechen. Weitere Informationen über verschiedene Krankheitsbilder finden sich ansonsten bei der schweizerischen Rheumaliga. https://www.rheumaliga.ch/#arthrose

Neben den richtigen Ärzten ist der Austausch mit Gleichgesinnten oft enorm hilfreich.

An wen wende ich mich bei einem Verdacht? Auf welche Anzeichen achte ich?

Zum Beispiel Gelenksteifheit am Morgen oder stechende Schmerzen bei Belastung des Körpers können Anzeichen sein. Auch unklare Schmerzen sowie Gelenkschwellungen oder Entzündungswerte, die im Labor festgestellt werden, können auf eine Arthrose hindeuten. In diesem Fall würde ich raten, zunächst mit dem Hausarzt zu sprechen, der dann bei Bedarf den Rat eines Facharztes hinzuziehen wird. Fachärzte können typischer Weise aus den Bereichen der Inneren Medizin, der Orthopädie oder der Kinder- und Jugendmedizin kommen. Wichtig ist es – wie bei eigentlich allen Krankheiten – Symptome nicht zu ignorieren und frühzeitig abklären zu lassen.

PD Dr. med. Dr. rer. nat. Ulrich Gerth

Stv. Chefarzt und Leiter Europäisches Zentrum für die Rehabilitation der Sklerodermie

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